Praxis

Ausbildung und Weiterbildung

Eine eigene Trading Strategie entwickeln

Immer wieder hört und liest man, dass es wenig Sinn macht die erfolgreiche Strategie eines Profi-Traders zu kopieren um selbst erfolgreich zu traden. Stattdessen müsse jeder Trader seine eigene, persönliche Strategie entwickeln, die zu ihm passt und in der er seine Stärken und Schwächen optimal einsetzen kann. Um jedoch eine eigene Strategie entwickeln zu können, musst du als Anfänger zunächst einmal die bekannten, populären Trading Strategien kennenlernen und ausgiebig im Demokonto testen.

Auf diese Weise wirst du früher oder später deinen Trading-Stil, deine bevorzugte Handelsmethode und deinen Charttyp (Linien, Balken, Kerzen, Heikin Ashi) finden. Auch die von dir beim Trading genutzte Zeiteinheit (Aggregation) sowie deine bevorzugten Indikatoren sollten dann feststehen.

Lange habe ich herum experimentiert, welcher Trendfolge- oder Momentum-Indikator sinnvoll zur Unterstützung eingesetzt werden könnte. Alle haben ihre Stärken und Schwächen und erfordern Übung und Erfahrung zur erfolgreichen Anwendung. Welchen man nun persönlich einsetzt ist mehr oder weniger Geschmacksache (z.B. Stochastik, MACD, RSI, Supertrend). Möglich ist auch eine Kombination von Indikatoren, wobei ein Indikator als Trendfilter fungiert und ein weiterer Indikator als Signalgeber das Kauf- oder Verkaufssignal generiert. Geeignete Kombinationen hatte ich bereits in meinem Beitrag Indikatoren & Oszillatoren vorgestellt.

Laut Studien sollen Trading Strategien jedoch heute mithilfe der klassischen Indikatoren deutlich weniger profitabel sein, vor allem Short-Positionen würden eher zu negativen Ergebnissen tendieren. Die Ursache ist insbesondere darauf zurückzuführen, dass jeder Indikator nur für bestimmte Marktbedingungen erfolgreiche Signale generiert. So funktionieren Trendfolge-Indikatoren nur in Trendphasen und Oszillatoren nur in Seitwärtsphasen. Eine Lösung dieses Problems besteht darin, Indikatoren nur in den passenden Trendbedingungen einzusetzen, die mit Trendbestimmungsindikatoren wie dem ADX ermittelt werden können.

Da Oszillatoren mögliche Wendepunkte im Kursverlauf häufig vorwegnehmen, werden sie gerne als Sekundärindikatoren eingesetzt. Während mithilfe von Chartmustern wie beispielsweise der Markttechnik oder dem Fibonacci Retracement Kursniveaus für eine mögliche Trendwende identifiziert werden, wird ein Oszillator für das Einstiegsignal genutzt. Ich bin hier wieder zum guten alten RSI zurückgekehrt, den ich in einer Einstellung mit 10 Perioden und Bereichsmarkierung 10 und 90 verwende. Der RSI ist in den vorwiegend auftretenden Seitwärtsphasen unglaublich zuverlässig.

Indikatoren werden aus den Kursdaten berechnet, die auch zur Erstellung der Kerzen verwendet werden. Da stets eine bestimmte Anzahl zurückliegender Zeitperioden in die Berechnungen einfließen, reagieren alle Indikatoren mit einer gewissen Verzögerung. Ich erinnere an meinen Beitrag Gleitende Durchschnitte, wo ich die Thematik bereits angesprochen habe. Je länger die verwendete Zeitperiode, umso langsamer reagiert der gleitende Durchschnitt. Für eine extrem schnelle Reaktion kann beispielsweise ein Crossing MA (2, 4) verwendet werden, der mit nur einer Kerze Verzögerung in einen bullischen oder bärischen Trend wechselt. Ähnlich wie die Heikin Ashi Kerzen, die aufgrund ihrer Berechnung lediglich mit einer Kerze Verzögerung ihre Farbe wechseln.

Gleiches gilt für andere Indikatoren. Nehmen wir als weiteres Beispiel den RSI, der standardmäßig mit 14 Perioden eingesetzt wird. Hier werden für ein schnelleres Timing von verschiedenen Tradern auch 3 oder 5 Perioden vorgeschlagen. Profitrader Larry Connors setzt in einer Daytrading Strategie sogar einen RSI mit nur 2 Perioden ein, was diesen in einen unglaublich schnellen Signalgeber verwandelt. Die mit derart schnell reagierenden Indikatoren erfassten Trendphasen sind relativ kurzlebig. Wie Backtests zeigen, eignen sie sich deshalb mehr für den Einsatz in Tages- oder Stunden-Charts, die man dann schon mit kleinen Positionen traden kann. Kleinere Aggregationen (5, 10, 15 Minuten) können dagegen nur mit größeren Positionen gewinnbringend gehandelt werden.

Für welche Indikatoren du dich auch entscheiden magst, Indikatoren sollten wohl überlegt und grundsätzlich so sparsam wie möglich eingesetzt werden, um nicht unnötig zu verunsichern und vom eigentlichen Kursgeschehen abzulenken. Ich selbst verwende inzwischen keine Indikatoren mehr als Signalgeber, lediglich als Trendfilter und als Hilfsmittel, um die Aussagekraft der aktuellen Chartkurse zu unterstützen, beispielsweise mit Hilfe von Gleitenden Durchschnitten.